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Jürgen Kuczynski

Jürgen Kuczynski

Historiker, Wirtschaftswissenschaftler
1904 (Elberfeld, heute Wuppertal)–1997 (Berlin)

Sein Lebensthema, den «Kapitalismus», fand der Sohn aus linksliberalem jüdischen Haus 1926 als Forschungsstudent in den USA. Seit 1930 gab er sich dem Kommunismus mit religiöser Überzeugung hin; so war ihm nach 1933 der Weg ins Exil vorgezeichnet. In England kam er als Statistiker zum US-Geheimdienst. Nach 1945 machte er in der sowjetischen Zone Karriere. Sie riss durch alle ideologischen Wendungen der DDR-Geschichte niemals ab und war auch durch gelegentliche kritische Extravaganzen Kuczinskys nicht gefährdet – der Forscher galt als unentbehrlich und blieb immer ein enger Vertrauter der SED-Nomenklatura. Als Chefhistoriker der DDR verfasste er allein 40 Bände einer «Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus». Im Auschwitz-Prozess 1964 bewies ein Gutachten Kuczinskys das Zusammenspiel zwischen Industrie und Terrorsystem. Als die DDR 1989 scheiterte, focht dies den uralten Marxisten nicht an. Unerschüttert hoffte er bis zum Tod auf eine neue sozialistische «Wende nach der Wende».

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